Faulsein ist eine Tugend
Das Wort Faulsein ist Mittlerweile sehr stark negativ besetzt. Ein Grund könnte unsere Politik des Arbeitsmarktes aus den vergangenen Jahrzehnten sein. Die Wurzeln reichen aber auch viel weiter zurück. Es gab jedenfalls schon des Öfteren Zeiten in der Geschichte, in denen man die „Phase des Nichtstuns”, obwohl das sogesehen nicht ganz stimmt, wertgeschätzt hat. Man verrichtet nämlich nur körperlich weniger Arbeit, dafür strengt man den Kopf umso mehr an. Aber auch mal den Kopf und seine Gedanken beiseite zu lassen, täte den meisten Menschen gut! Sieht man den Verstand als eine Art Werkzeug an, welches man wie auch seine Hände, einmal ruhen lassen kann, dann würde man erstens körperlich sehr viel Energie sparen und auch geistig nicht ausbrennen. Denn wie viele Gedanken bewegen sich manchmal im Kreis und führen zu keiner wirklichen Lösung? Es gibt auch das immer wieder gern von mir zitierte Sprichwort: „Wenn die Lösung das Problem ist!”
Ich möchte mit den Worten des indischen Philosophen „OSHO” abschließen, welcher von 1931 - 1990 gelebt hat, die westlichen Kulturen studiert und mit besonderer Einfachheit die buddhistischen Lehren auf diese übertragen hat. Hier ein Auszug aus dem zusammengetragenen Werk „Mann und Frau - Der Tanz der Energien″:
[..] Wenn man zu stark zur Seite der männlichen Energie hin tendiert, ist man zu aktiv und kann nicht mehr passiv sein. Das ist dem Westen passiert.
Die Leute machen sich verrückt vor lauter Aktivität - rasantes Tempo, alles muss sofort geschehen, keine Geduld, kein Warten. Sie haben ganz verlernt, wie man passiv sein kann, wie man geduldig sein kann, wie man auf etwas wartet. Sie haben vollkommen die Fähigkeit verloren, untätig zu sein. Sie wissen nicht mehr, wie man Urlaub macht. Wenn sie Urlaub haben, sind sie sogar noch aktiver als sonst.
Während der ganzen Arbeitswoche denken sie an ihren freien Tag und wie gut sie sich erholen werden, doch wenn der freie Tag kommt, haben sie tausenderlei Dinge zu tun. Nicht, dass sie gezwungen wären, sie zu tun. Nicht, dass es nötig wäre, sie zu tun - nein, ganz und gar nicht. Aber sie können sich im Leben nicht ausruhen.
Sie können sich nicht einfach ins Gras legen und sich der Erde anvertrauen.
Sie können sich nicht einfach still unter einen Baum setzen und gar nichts tun.
Nein, sie müssen tausenderlei Dinge rund ums Haus erledigen. Sie werden dies und das reparieren und anderes kaputtmachen, sie werden den Motor ihres Wagens auseinandernehmen und daran herumbasteln. Irgend etwas werden sie tun. Aber sie werden auf jeden Fall aktiv sein.
Die Leute denken ihr ganzes Leben daran, wie schön es sein wird, wenn sie erst einmal im Ruhestand sind. Doch wenn es so weit ist, können sie es nicht genießen, sie können nicht ausruhen. Viele sterben bald nach ihrer Pensionierung, weil sie nichts mehr mit sich anzufangen wissen.
Der Tod erscheint als einziger Ausweg, um aus einem Leben auszusteigen, das sinnlos geworden ist. Aber es war eigentlich schon immer sinnlos, eine einzige Hetzjagd.
Der Osten ist zu passiv geworden, zu fatalistisch: „Man braucht gar nichts zu tun. Wartet einfach, dann wird Gott es schon machen!″
Das ist eine andere Variante von törichter Dummheit.
Der Osten ist arm, träge und lasch; die Leute sorgen sich um gar nichts. Das Elend überall, diese Armut, all die Bettler, die Krankheit - doch keiner macht sich deswegen Sorgen. Alles wird duldsam hingenommen. „Was kann man machen? Es ist Gottes Wille. Wir müssen es hinnehmen. Wir müssen einfach warten. Wenn es zu arg wird, dann wird Gott kommen. Was sonst können wir tun?″ Das ist eine weibliche, passive Einstellung.
Man sollte genau in der Mitte sein, weder männlich noch weiblich. Man sollte nach keiner Seite ins Extreme gehen, dann ist man im Gleichgewicht.
Dann ist man aktiv, aber tief im Inneren bleibt man ständig inaktiv.
Dann ist man inaktiv, aber außen bleibt man ständig aktiv.
Lebe in der Außenwelt die Energie der Sonne, lebe in der Innenwelt die Energie des Mondes. Sonne und Mond begegnen sich in dir, aber du bleibst genau in der Mitte. Und in der Mitte ist Transzendenz. [..]